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Freitag, 1.10.2004
Mustergültig
 
Warum Druck offensichtlich nicht nur etwas Belastendes, sondern auch etwas Schönes sein kann.

 
Ich gebe es offen zu: Ich war nie ein besonderer Fan des Tennisspielers Stefan Koubek.

Nicht wegen menschlicher Schwächen - im Gegenteil: Stefan ist ein lockerer, aber auch nachdenklicher Mensch mit Tiefgang, dem es nicht liegt, große Töne zu spucken. Für die Öffentlichkeit vielleicht sogar eine Spur zu introvertiert, aber eben alles andere als ein Hochstapler. Die Sau lässt er halt privat raus - wenn überhaupt. Aber einer, der als Hobbies Motorradfahren, Fallschirmspringen und asiatische Kampfsportarten angibt, hat vermutlich mehr Ecken und Kanten, als er in der Öffentlichkeit preisgeben will.

Nicht wegen seiner spielerischen Möglichkeiten: Dass er ein "Laufspieler" ist, der alle schlagen kann, wenn alles passt - daran ist man schon gewohnt. Es passt halt nicht immer alles - meistens passte es am anderen Ende der Welt, im fernen Amerika oder in arabischen Scheichtümern, wo er seine Turniersiege feierte. Da war halt keiner von uns dabei - sehr wohl aber bei Auftritten in heimischen Arenen, wo hie und da gar nichts zusammenstimmte. Mit Schaudern erinnere ich mich noch an Koubeks Vorjahresauftritt in der Stadthalle: Seine Erstrundenpartie gegen einen - an diesem Tag - inferioren Nikolai Davydenko fiel unter "Not gegen Elend" und findet spielend Eingang in die Top 10 der schlechtesten Matches aller Zeiten.

Sondern wegen seiner Art, mit schlechten Tagen umzugehen: Das war stets eine Performance zwischen Weinerlichkeit, Gerede von "zu großem Druck" und einer rekordverdächtigen Anzahl an zerhackten Schlägern. Hilfloses Achselzucken statt geballter Faust und das deutliche Gefühl: Da unten steht einer, dessen größte Strafe es ist, hier und jetzt Tennis spielen zu müssen!

Und dann - dieses Wochenende! Offensichtlich zwei dieser Tage, an denen alles gepasst haben muss. Dabei hätte man (bzw. der Spieler Stefan Koubek) es auch ganz anders sehen können, den enormen Druck als Hinderungsgrund für Leistung ansehen können. Und dann zerlegt Koubek die Nummer 4 der Welt, ohne mit der Wimper oder gar auszuzucken. Und dann spielt er noch die entscheidende Partie nach Hause, ohne zu zittern - wobei ich Stefans Leistung gegen Rusedski noch höher einschätzen würde als jene gegen Henman. Während gegen den aktuellen French- und US-Open-Semifinalisten kaum einer erwarten konnte, dass Koubek ihn glatt niederbügeln würde, musste er zu Hause gegen Rusedski einfach gewinnen. Und Koubek spielte so, als ob es diesen Druck gar nicht gäbe, kämpfte, spielte Zauberbälle und die stärksten Schläge am Punkt genau dann, wenn es notwendig war. Hut ab!

Nun lässt sich trefflich darüber spekulieren, woran diese wundersame Wandlung liegen könnte: Ist es die Person des "Fighting Spirit" Thomas Muster auf der Bank - der Koubek vermutlich an den Ohrwascheln vom Center Court eliminiert hätte, hätte dieser sich gehen und ein Match einfach davonlaufen lassen? Muster ist zwar auf der Bank von nicht ganz so stoischer Gelassenheit wie sein Vorgänger - dafür lebt er offensichtlich jeden Punkt mit, klatscht, fiebert und umarmt. Ich persönlich hege den Verdacht, dass solches Rauslassen positiver Emotionen nicht nur im Fernsehen besser rüberkommt, sondern auch auf die Mitspieler abfärbt. Nicht von ungefähr lebte auch die Ersatzbank jeden Punkt mit - ein Wochenende permanenten Adrenalinschubs für alle, ob direkt oder nur am Rande beteiligt. Das ist ein Team, das sich gegenseitig aufbaut und inspiriert, das in der Lage ist, die Angst vor dem Versagen durch die Freude am Kampf zu ersetzen!

Zweite Frage ist, ob diese Wandlung von Dauer ist. Eine erste Überprüfung dieser These steht in knapp eineinhalb Wochen ins Haus, anlässlich des Stadthallen-Turniers 2004. Und: Ich wäre gerne ein uneingeschränkter Koubek-Fan. Machst Du's mir ein bisschen leichter, Stefan?

tennisweb-Kolumnist Arno Dupal ist stellvertretender Chefredakteur des Magazins "Happy Tennis".

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